Monat: Oktober 2017

Südlichstes Pantanal – ab 06.10.2017

Südlichstes Pantanal – ab 06.10.2017

Endlich sind wir so richtig in Südamerika angekommen! Fast auf jeder Reise gibt es diese Momente, wo man sagt: „Das habe ich mir erhofft, dieser Ort bzw. diese Begegnung charakterisiert für mich das Reiseziel!“ Auf dieser Reise ist das hier auf dem Camping do Gordo in Bonito. Ein unscheinbares Schild an der Straße weist auf den Platz hin, und man fährt erstmal 10 (!) km Piste, bis man an dem Flusslauf ankommt. Als wir ankommen, sind wir die einzigen Gäste. Wir stellen uns möglichst nah an das Wasser, ganz unten am Platz. In dem Fluss schrubbt ein Wels auf einem Stein in Ufernähe (der uns an die Welse in unserem Aquarium zu Hause denken lässt). Als Torsten dann ins Wasser steigt, schrubbt der Wels gleich an seinem Fuß weiter. Wir dachten schon, wir hätten unseren Welsen zu Hause etwas beigebracht, da sie in die Hand kommen und diese beschrubben – dabei ist das ein absolut natürliches Verhalten! Die vielen Vögel an dem Platz kann ich nicht zoologisch korrekt beschreiben: sie sind zahlreich, bunt, laut, alle Größen von Kolibri-klein bis Nandu-groß. Vier Aras (die großen blauen, größer als unsere Saatkrähen!) fliegen über den Platz hinweg. Plötzlich raschelt es im Gebüsch. Wir nähern uns vorsichtig – es raschelt lauter und plötzlich glotzt und ein (Kapuziner?-) Affe an. Er betrachtet uns aus 2 m Abstand so neugierig wie wir ihn. Nur dass er behende durch die Äste turnt, um uns von allen Seiten zu bestaunen. Zwischendurch reißt er einen Ast ab und kaut an den Blättern, wirft das meiste aber weg. Er tollt noch ein wenig herum, und verschwindet dann, um seine Eltern und Geschwister zu holen. Einfach nur toll! Bei uns muss man in einen Zoo gehen, um sowas zu sehen, und dann sind die Tiere meist so abgestumpft, sodass man sie nicht wirklich erLEBT. Hier sind sie Menschen gewohnt (Campingplatz), aber sie kommen einem so nahe bzw. bleiben so fern wie SIE wollen. Einige Vögel inspizieren neugierig den Hano, andere hört man nur und erkennt erst nach genauem Hinschauen von Weitem die Größe, Form und Farbe. Im Moment krächzt es krähenartig und Torsten winkt mir – ein Tukan! So ein schöner Schnabel und solch eine unattraktive Stimme. Es ist schon heiß geworden (12:00 Uhr und 35°C), ich höre jetzt auf zu schreiben und gehe in den Fluss baden…

Iguaçu-Fälle 30.09.-03.10.2017

Iguaçu-Fälle 30.09.-03.10.2017

Die Iguaçu-Fälle sind beeindruckend – fotografisch und filmerisch ein El Dorado! Wir nehmen uns Zeit und besichtigen sie von beiden Seiten. Zunächst auf der brasilianische Seite, die eher einen Panorama-Blick auf die in Argentinien gelegenen Fälle bietet und den tosenden Wassermassen nur am Ende des Pfades nahe kommt. Auf argentinischer Seite (Iguazú) wird man dann auf Gitterrost-Pfaden an und über die Fälle geführt, ist also näher am Geschehen dran. Da wir gleich frühmorgens dort sein wollten (bevor es ganz voll wird), verlegen wir sogar den Hano nach Argentinien, mit all den lustigen Grenzformalitäten. Dazu werde ich vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt mal einen Beitrag schreiben. Kurz zusammengefasst: Der Papierkram ist zeitaufwendig, aber die Inspektion des Fahrzeugs beschränkte sich bisher auf einen kurzen Blick auf das Fahrzeug oder in den Aufbau. Die kleine Küche, Dusche und Sitzecke werden bewundert, und als ich dem Zollbeamten erkläre, dass das Bett durch Absenken der Tischplatte und Umgruppieren der Sitzpolster zustande kommt, ist er hoch erfreut und lässt uns passieren. Und die Aufschrift auf der Motorhaube „Hanomag“ lässt er sich nochmal vorlesen.

Zurück zu den Iguaçu-Fällen. Wir sind schwer beeindruckt und verweilen deshalb so viele Tage in der Gegend. Nicht nur die Wasserfälle sind spannend, sondern auch der Regenwald ringsum. Jetzt kommt das kleine „aber“: Da die Fälle ursprünglich gut im Regenwald versteckt waren, sind sie nur auf eigens zur Besichtigung angefertigten Pfaden zu erreichen. Das, was einen die Wasserfälle erreichen lässt, trennt einen aber gleichzeitig von der Natur. Außerdem lustwandeln auf diesen Pfaden jährlich über 1,5 Mio Besucher. D.h. man ist spätestens eine Stunde nach Öffnung umringt von fröhlich-lärmenden Heerscharen Selfie-schießender Gruppen. Und wenn man ein Stativ aufbaut, denken alle, hier ist es besonders schön – und zwischen unseren Gesichtern, der Kamera und den Stativbeinen werden nicht selten bis zu vier Selfie-Stöcke gleichzeitig hindurchgeschoben, um ja auch dasselbe tolle Foto zu ergattern. Einerseits die künstlichen Besucher-Wege, andererseits die Menschenmassen lassen bei uns nicht die tiefe innere Verbundenheit mit der Natur aufkommen, die wir bei den Wasserfällen Íslands verspürt hatten. Dort kann man an die meisten Wasserfälle ohne Wege einfach so herantreten, und zwar so nahe, dass man nichts Anderes mehr hört als ihr gewaltiges Tosen. Sollten doch mal ein paar Menschen hinter einem stehen und sich unterhalten, hört man es einfach nicht mehr. Die isländischen Wasserfälle zogen uns optisch, akustisch und emotional so in ihren Bann, wie es die viel größeren Iguaçu-Fälle bei uns nicht vermochten.

 

Obrigado Lucas e Douglas, 28.09.2017

Obrigado Lucas e Douglas, 28.09.2017

 

Heute ist ein Hano-Tag. Wir fahren nach Norden, und langsam wird es immer wärmer. Von den erfrischenden 17°C an den ersten Tagen in Uruguay hat sich die Temperatur auf knappe 30°C am Tag gesteigert. Zusätzlich ist Süd-Brasilien noch recht hügelig, der Hano klettert mehrfach von 200 m.ü.N.N. auf 600 m.ü.N.N. und wieder zurück, der Motor wird also recht warm. Allerdings alles noch voll im zumutbaren Bereich. Als wir kurz vor Mittag in Lindoeste an einem kleinen Supermarkt halten, laufe ich nach Verstauen der Vorräte vor dem Hanomag herum. Was sehe ich da – einen Öltropfen! Der kann nicht vom Hano kommen – oder doch? Flink frage ich im Supermarkt nach der nächsten Werkstatt, die glücklicherweise gleich ums Eck ist. Die beiden Lehrlinge (oder Jung-Mechaniker) Douglas und Lucas springen gleich herbei. Die beiden staunen nicht schlecht, als Torsten in seinen Blaumann schlüpft und mit ihnen unter den Hano krabbelt. Wir müssen nicht lange warten, bis wieder etwas Öl tropft. Die Diagnose ist leicht gestellt: Die Ölwannendichtung dichtet nicht mehr. Es muss gerade frisch passiert sein, denn bei dem Halt kurz zuvor war noch alles okay. Die Kommunikation ist abenteuerlich, da wir kein Brasilianisch sprechen, aber Hände und Füße, Französisch und Spanisch, Schraubendreher und Retschenschlüssel lassen keine Missverständnisse aufkommen. Das Öl wird abgelassen, dann machen wir alle eine kurze Mittagspause, um den Motor abkühlen zu lassen, und anschließend wird die Wanne mit unserer eigenen Dirko-Dichtmasse wieder von Lucas und Douglas gründlich und geflissentlich eingedichtet. Der Werkstattmeister ist zufrieden mit der Arbeit seiner Jungs, streicht aber nochmal nach, bevor sie die Wanne wieder montieren. Das Öl wird filtriert und wieder eingefüllt – alles dicht! Wir müssen kaum etwas nachfüllen – wir hatten wirklich Glück, dass wir den Schaden sofort bei der Entstehung entdeckt haben! Ob tatsächlich die Hitze (mit) verantwortlich war, bleibt offen, aber ganz abwegig ist der Gedanke nicht. Jetzt nach getaner Arbeit findet sich die Zeit, den Hano zu bestaunen – naja, viele andere Autos in dieser Gegend sind ähnlich alt, aber einen Hanomag hatten sie noch nie gesehen, nicht einmal der Meister!

Am selben Tag finden wir bei Auto-Peç in Cascavel auch noch das passende Lüfterrad (ihr erinnert euch an des Foto eines früheren Blog-Eintrags?) – und kaufen gleich zwei. Vor dem Laden wird der Hano ausgiebig bestaunt, und wir dürfen selbstredend nicht weiterfahren, ohne dass der Italien-stämmige Herr aus dem Büro nebenan uns einen leckeren Espresso auf die Straße gebracht hat…

Gegen 18:00 wollen wir uns einen Übernachtungsplatz suchen, und loben gerade, wie gut der Hano jetzt doch wieder super läuft, als plötzlich ein ungewohntes Geräusch aus dem Motorraum ertönt. Wir stoppen sofort an einer Ein- und Ausfädelspur neben der vierspurigen großen Straße – Warnweste an, Warndreiecke und Pylone aufgestellt, und zur Sicherheit bringen wir noch zwei orangefarbene Blinklampen an. Es ist wirklich ein ungünstiger Ort zum Liegenbleiben, viele Autofahrer wollen gewohnheitsmäßig auf die Ausfädelspur wechseln, daher kann man nicht genug blinken und leuchten. Zusätzlich winke ich die Autos auf die andere Spur. Torsten findet die Ursache schnell: eine Schraube der Motorhalterung ist vernuddelt – und wird in kürzester Zeit durch eine Gewindestange ersetzt. Heute haben wir uns das Feierabendbier wirklich verdient!

 

Sao Miguel das Missoes, 26.9.2017

Sao Miguel das Missoes, 26.9.2017

 

Nachdem wir durch Süd-Brasilien auf geteerten Straßen (wenn auch teilweise mit verheerenden Schlaglöchern) gefahren sind, fahren wir die letzten 40 km bis zu der Jesuiten-Mission über Piste. Als wir nachmittags gegen 16:00 bei Sao Miguel das Missoes ankommen, hat die untere Hälfte des Hano dieselbe rötliche Farbe wie auch die Steine, aus denen die beeindruckende Kirche gebaut ist. Im warmen Abendlicht erfreuen uns an dem herrlichen Anblick der weitläufigen Anlage, und beobachten die Berufsfotografen, die vor dieser traumhaften Kulisse Familien-, Freundschafts- und Hochzeitsfotos schießen. Am Abend gibt es „Som e Luz“. Um 20:00 auf Brasilianisch, um 21:00 tagesweise abwechselnd auf Spanisch oder Englisch. Wir sind an einem Spanisch-Tag da. Ohne zu murren lassen sie die Ton- und Lichtshow für uns als einzige 21:00 Uhr-Gäste nochmal laufen, aber die englische Variante können sie uns nicht zeigen, weil heute ja Spanisch-Tag ist. Da sich uns die geschichtlichen und machtpolitischen Verwicklungen um Bau, Betrieb, Kampf und Niedergang dieser Jesuiten-Reduktion mit unserem Spanisch-Niveau nicht vollumfänglich erschließen, erfreuen wir uns an den schönen Farben, in denen sie die gesamte Anlage anleuchten, und genießen die milde Abendluft. Wir übernachten auf dem nahegelegenen Parkplatz und werden um 6:00 von einem Tukan geweckt, der mit heftigem Pardautz am Griff der Seitentür landet und neugierig ins Fahrzeuginnere linst. Die Vorliebe der Tukane für Autotürgriffe hatten wir schon am Vortabend bei anderen Fahrzeugen beobachtet. Was für ein charmanter Wecker (nachdem der erste Schreck verflogen ist)! Neugierig geworden besichtigen wir die Anlage am nächsten Morgen nochmal mit einem Audioguide (erstmalig freiwillig nutze ich so ein Gerät!), und hören uns bei strömenden Tropenregen die zugehörige Geschichte an. Wie gut, dass wir gestern intensiv fotografiert und genossen haben!