Warten auf die Radnabe – auf dem Aussteiger-Bauernhof
8.1.2018-19.1.2018
Am 8.1. erst erhält der ADAC die Radnabe und kann sie nach Lima versenden. Sie fliegt von München über Köln, Memphis, Bogota nach Lima. Dort kommt sie am 11.1. an und hängt seitdem zur Freigabe im Zoll. Es ist schon ein sehr kompliziertes Teil, das man offensichtlich aufs Sorgfältigste prüfen muss…
Wir suchen uns einen Platz, der einerseits Internetzugang bietet, andererseits aber weit genug von der lauten und kriminellen Hauptstadt entfernt ist, sodass man ruhig und sicher stehen kann. Allzu weit wollen wir ohne das Ersatzteil nicht fahren, obwohl wir den Schweißkünsten des Mechanikers voll vertrauen. Vermutlich kommen wir mit der geschweißten Nabe bis zum Mond – aber wie ermüdet ist die andere Nabe?
Irgendwo lesen wir von einem Campingplatz, der 60 km vom Zentrum entfernt am Rio Rimac gelegen ist. Das klingt super. Leider ist der Platz verschlossen, es ist schon abends. Auf dem kleinen Hof nebenan sind Leute, ich frage nach dem Campingplatz. Wir dürfen über Nacht auf ihrem Hof stehen, am nächsten Morgen besorgt uns die Familie den Schlüssel zum Campingplatz. Und zur Begrüßung bekommen wir abends gleich einen Teller Kürbissuppe! 2 Meter vor dem Hano steht ein Kalb, das an diesem Morgen erst zur Welt kam. Mir kommt ein Gedanke, den Torsten absurd findet: Ich musste fast 46 Jahre alt werden, bis ich erfuhr, was ein Hano ist. Dieses Kalb lernt den Hano schon am ersten Tag seines Lebens kennen. Aber vermutlich ist das dem Kalb wirklich egal, es wird wohl niemals in einem Hano durch Europa touren…
Die Familie hat vor 5 Monaten ihre Bäckerei in Lima verkauft, das Melken gelernt, 5 Kühe gekauft und ist hierher aufs Land gezogen. Hier auf 1.500 Höhenmetern ist das Klima sehr viel besser als in der Hauptstadt. Haus und Hof befinden sich noch im Aufbau. Für uns bedeutet das mal wieder zweimal täglich melkfrische Milch. Wie lecker!
Wir lassen es uns hier eine Woche lang gut gehen. Kurze Spaziergänge, gut kochen, ausruhen. Am Fluss steht ein Bagger, der drei Tage lang repariert wird. Wir freuen uns ein wenig, dass die Reparatur so lange dauert, weil wir nach Fertigstellung emsigen Baggerlärm erwarten. Doch dem ist nicht so. Der Bagger soll zwar das Flussbett befestigen, damit es in der Regenzeit nicht zu Überschwemmungen kommt, aber er baggert erstens weit weg von unserem Stellplatz, und zweitens nicht allzuviele Stunden (Minuten) am Tag. Nach zwei Tagen ist er auch schon wieder kaputt… Es sind vier Mechaniker zugange, die versuchen, die defekte Einspritzpumpe auszubauen.
Auf der flussabgewandten Seite befindet sich ein Rangierbahnhof. Von den Minen in den Bergen werden Erze gebracht, die von Lima aus verschifft werden. Die Züge fahren mit Dieselloks aus Nordamerika und England, aus den 50er und 60er Jahren. Einmal kommt ein Zug mit zwei Loks vorne und 49 (!) Waggons den Berg hinunter gekrochen. Die vordere Lok wird abgekoppelt und auf einem Drehkreuz von Hand gedreht (je drei bis vier Bahnarbeiter drehen die 120 Tonnen schweren Loks!). Dann wird der Zug geteilt und fährt weiter in die Hauptstadt. Vom Zuschauen erschöpft, öffnen wir eine Flasche peruanischen Wein und kochen ein wunderbares Gemüse. Wir statten der Bahn täglich einen Besuch ab, es gibt immer etwas Spannendes zu beobachten.
Nachmittags kommen die Kühe auf den Campingplatz zum Weiden. Eigentlich romantisch, aber da wir unser Vorzelt aufgespannt haben, öfters mal Wäsche waschen, und froh sind, wenn die Fliegen bei den Kühen bleiben, halten wir sie auf Distanz. In den ersten Tagen kein leichtes Unterfangen, da insbesondere unser Vorzelt sowohl bei Sonne als auch bei Regen der attraktivste Platz auf dem ganzen Terrain zu sein scheint. Ab dem vierten Tag jedoch kennen die Kühe das Ritual, und wir müssen nur ein paar Schritte auf sie zugehen und in die Hände klatschen und schon trollen sie sich an das andere Ende des Platzes.
Nach einer Woche wird das Warten wirklich öd, zumal unsere Vorräte zur Neige gehen und ich mit drei Zwiebeln und 7 Kartoffeln sowie 4 Tomaten und einer hutzeligen Paprika beide Läden im Ort leergekauft habe.
Dann plötzlich tut sich etwas auf der Sendungsverfolgung: der Status steht nach wie vor auf „Freigabeverzögerung beim Zoll“, jedoch ändert sich der Kommentar von „muss noch vom Zoll geprüft werden“ auf „wird vom Zoll geprüft“, und Tags darauf auf „der Empfänger muss den Warenwert bestätigen“. Endlich können wir im Prozess etwas tun, wir schicken die Rechnung elektronisch an unseren Importeur, der sie umgehend an FedEx weiterleitet – und dann passiert wieder nichts… Dennoch beschließen wir, morgen ein Stück Richtung Lima zurück zu fahren. Dort kennen wir mittlerweile einen gut sortierten Markt, auf dem wir wieder Vorräte auffüllen können, und eine Tankstelle mit WLAN, wo wir diesen Blogeintrag hochladen und Mails abrufen wollen, ob die Radnabe endlich zur Abholung bereit ist.