Ankunft zu Hause
16.3.2018
Die Ankunft zu Hause verläuft erschreckend normal. Wir kommen am Freitag Mittag an. Hannes „Welcome home“-Schild mit bunten Luftballons lässt uns vermuten, dass wir länger weg waren. Aber als wir das Haus betreten und die Treppe in unsere Wohnung hinaufsteigen, fühlt es sich an, als kämen wir wie jeden Freitag von der Arbeit nach Hause. Alles ist so vertraut und unverändert, als ob wir am Morgen noch hier gefrühstückt hätten.
Zielsicher gehe ich zu Schränken und Schubladen, hole Geschirr und Besteck heraus, verstaue Jacken und Wäsche, als seien wir nie weg gewesen. Das erschreckt uns ziemlich – kann nach solch einer Reise alles einfach so normal weiter gehen? Haben wir uns denn gar nicht verändert? Die Fische brauchen einige Zeit zum Eingewöhnen, bis sie wieder aus der Hand fressen. Der zweite kleine Hinweis auf die lange Abwesenheit.
„Wartet ab, der Kulturschock kommt noch“ berichten uns fernreiseerfahrene Freunde und Kollegen.
Und es stimmt – es kommt unverhofft, in schwachen oder stärkeren Wellen. Die ersten fünf Tage stehe ich morgens auf und bereite wie immer das Frühstück schlafwandelnd vor – mit exakt denselben Handgriffen wie vor der Reise. Am sechsten Tag gehe ich in die Küche – und weiß gar nichts mehr. Wo bin ich? Warum bin ich hier? Was wollte ich gerade machen? Nach einigen Minuten völliger Verwirrung fällt mir wenigstens wieder ein, dass ich Tee kochen wollte. Aber wo ist der Gasherd? Der Wasserkocher? Der Hochschrank mit unserem Campinggeschirr? Weshalb ist in diesen merkwürdigen Schränken nur Porzellan? Und an so ungewohnter Stelle? Nach der Tasse Tee bin ich wieder vollkommen im Lot. Weiter geht es im gewohnten Trott.
Wirklich? Nach und nach merken wir, dass doch einiges anders ist. Teilweise Kleinigkeiten, die jedoch manchmal einen spürbaren Unterschied machen. Unser Ärger über das nervtötende Kruschteln im Hanomag hat beispielsweise dazu geführt, dass viele Entscheidungen schneller getroffen werden. Was weder Platz noch Verwendung findet, wird weggeworfen oder verschenkt. Sollten wir es doch nochmal benötigen, müssen wir uns eben etwas anderes einfallen lassen oder es im schlimmsten Fall neu kaufen. Aber dass nutzlose Dinge jahrelang eine Schublade blockieren, weil man sie vielleicht irgendwann noch mal brauchen könnte, tolerieren wir nicht mehr. Und einiges Anderes hat sich geändert. Manches merklich, manches unmerklich.
Drei Wochen nach Rückkehr habe ich einen „Was mache ich denn hier in dieser Welt?’“ Tag. Aber der verfliegt schnell, am nächsten Tag freue ich mich wieder, in Deutschland und bei meiner Arbeit zu sein.
Möglicherweise kommt der tiefe Einbruch noch, meist so drei bis vier Monate nach der Rückkehr, haben uns Freunde berichtet. Warten wir‘s ab!
Vorerst warten wir voller Ungeduld auf den Hano – denn erst wenn er wieder bei uns ist, wird die Reise wirklich zu Ende sein! Wir sind ja nur der (unbedeutendere) Teil der gesamten Expedition – schließlich hat er den Großteil der Arbeit verrichtet: Er hat uns mehr als 17.000 km durch einen faszinierenden Kontinent geschaukelt, wobei er über 200.000 Höhenmeter überwinden musste! Er hat stundenlang geduldig stillgehalten, wenn Torsten wieder mal repariert hat. Er ist auch bei mehr als 5.000 m.ü.N.N. oder Temperaturen von -15°C wieder angesprungen – manchmal mit Leiern, Stottern und Rauchen, aber immer treu. Und hat nachts Wache gehalten und mit den Sternen geflüstert, während wir selig geschlafen und von neuen Abenteuern geträumt haben. Wir haben ihm viel zu verdanken.