Wiedersehen mit unserer Grande Dame 20.06.2022
Erwartungsvoll fahren wir mit dem Wohni nach Bremerhaven, den „Freigabeschein“ der Reederei für Kathrina in der Tasche. Dieses Mal laufen – wie sollte es auch anders sein? – die Formalitäten mal wieder ganz anders…
In aller Kürze: am 20. Juni fahren wir im Hafengebiet von Pontius um 76 Ecken herum nach Pilatus, um dann überraschenderweise nicht einen Papierzettel zu erhalten, der dem Fahrzeughalter zu Fuß Einlass ins Autoterminal verschafft, sondern bekommen eine Plastik-Codekarte, mit der wir beide mitsamt Wohni in das Eurogate Autoterminal einfahren dürfen. Allerdings ist diese Karte „zapp-zarapp“, wie uns ein polnischer LKW-Fahrer erklärt. Torsten versteht sofort: die Karte kommt nach dem Einschieben nicht mehr heraus, wir werden also im Autoterminal „gefangen“ sein, bis uns jemand wieder rauslässt. Wird schon klappen, denken wir und fahren ein. Ich bin nun erstmalig hier, wo Hunderte gleichaussehende neue PKWs auf ihre Schiffspassage warten oder gerade abgeladen werden. Zwischendurch gibt es auch Einzelstücke – Riesenlaster, Kräne, oder Expeditionsmobile wie unsere Kathrina. Aber wo steht sie, und wie bekommen wir sie? Das Gelände ist groß, und die Beschreibung war norddeutsch knapp gewesen.
Ich kürze wieder ab: wir finden den Parkplatz, auf dem wir warten müssen, und schon bald kommt ein netter Hafenmitarbeiter, der uns zu Kathrina bringt. Wir streicheln zur Begrüßung die Kühlerhaube und die Kühlerfigur, unsere Schildkröte. Kathrina fühlt sich stark und ausgeruht an. Was sie wohl über uns denkt? Der Hafenarbeiter gibt uns die Schlüssel zurück. Torsten steigt ein, atmet nochmal tief durch und betätigt den Anlasser. Sie springt sofort an! Keine tief entladene Batterie, kein Zögern, keine Zicken – sie freut sich wohl schon, nach drei Wochen Schaukelei in einem dunklen Schiffsrumpf, nun selbst durch eine helle Welt traben zu dürfen und scharrt ungeduldig mit den Hufen. Noch eine kurze Durschsicht auf Transportschäden, die wir erfreulicherweise nicht feststellen können, dann unterzeichnen wir dem netten Herrn den Abholschein und lassen uns erklären, wo die Zollstation ist, damit wir Kathrina wieder in die EU einführen können. Noch sind wir ja im Niemandsland.
Auch das läuft erstaunlich schnell und unkompliziert – ein junger Beamter prüft die Fahrgestellnummer und füllt dann in Windeseile im „Carnet de Passages“ die Verbleibsbescheinigung auf der letzten Seite aus. Schade, dass wir dieses Zolldokument zurückgeben müssen – bei jedem Grenzübergang unterwegs mussten wir Kathrina aus- und einstempeln lassen, und immer drauf achten, dass die afrikanischen Beamten auch die richtigen Daten in die richtigen Felder eintrugen. Das war nicht immer ganz einfach, aber jedes Mal eine spannende menschliche Erfahrung, mit großen Gesten, netten Worten und viel Gelächter. Jeder Eintrag lässt die Besonderheiten des jeweiligen Grenzübergangs lebendig werden, wenn wir das gelbe A4-Heft durchblättern. Naja, wir hatten ja unterwegs nach jeder Grenze Fotos angefertigt (falls das Carnet abhanden kommt), so bleibt uns wenigstens eine digitale Erinnerung.
Die Zollbeamten öffnen uns die Schranke, und Kathrina betritt wieder deutschen Boden. Wir fahren zum nächstgelegenen Parkplatz, auf dem wir zunächst ein Mittagsvesper machen, und dann Kathrina wieder fahrtüchtig einräumen. Für die Verschiffung mussten wir ja das gesamte Bordwerkzeug, den Blaumann, die Rettungswesten, Ersatzlampen – kurz alles, was man als Fahrer immer griffbereit haben muss – nach hinten in den Aufbau räumen, da das Führerhaus nicht abgeschlossen wird. Nun geht dieses Verschiebespiel anderthalb Stunden lang wieder rückwärts. Wenigstens haben Kathrina und Wohni dadurch Zeit, sich die Neuigkeiten der letzten neun Monate zu erzählen. Noch ein kurzer Spaziergang in der Nachmittagssonne mit Blick auf den Containerhafen, dann setzen wir uns mit den beiden Fahrzeugen in Bewegung.
Kathrina läuft wie eine Eins, sie trabt gemächlich aber leichtfüßig vorneweg. Nach knappen 100 km machen wir die erste Etappe, wir finden einen heimeligen Campingplatz an der Megalithstraße zwischen Bremen und Oldenburg, der uns mit zwei Fahrzeugen auf einer großen Wiese campieren lässt. Wir bleiben zwei Nächte, gönnen Kathrina einen Ruhetag und verschaffen uns mit den Fahrrädern Bewegung. Wir besichtigen mehrere (Groß-)Steingräber in der Umgebung, genießen die Natur und lassen den Tag mit einem ausgiebigen Grillabend ausklingen – die Löcher in den Muskeln müssen ja schließlich gestopft werden.
Dann schlendern wir in drei weiteren kurzen Fahretappen nach Hause. Wir fahren jeweils nur einen halben Tag, um am Nachmittag noch wandern gehen zu können, damit Kathrina nicht denkt, wir lassen nur sie arbeiten und sitzen selbst nur faul herum. Alles verläuft gut, Kathrina genießt den deutschen Asphalt, und findet sich auch auf der rechten Straßenseite ganz gut zurecht.
Am 24. Juni nachmittags steht Kathrina wieder auf unserer Einfahrt. Um einige Beulen, viele Kratzer und hunderte von Erfahrungen reicher!