Salar de Uyuni,
26.10.2017
Die größte Salzwüste der Erde – ein gewaltiges Naturerlebnis! Faszinierende Sonnenauf- und –untergänge, unerbittliche Sonneneinstrahlung und zermürbendes blendendes Licht bei Tag, grandioser Sternenhimmel bei Nacht. Bisher der absolute Höhepunkt unserer Reise!
Der Salar de Uyuni ist eigentlich ein Salzsee, 160 km lang und 130 km breit. An der tiefsten Stelle soll er 220 m tief sein. Auf seiner Oberfläche jedoch befindet sich eine mehrere Meter dicke Salzkruste, welche die Hälfte des Jahres trocken ist, und ab Dezember durch Regenfälle zu 30 cm tiefem Salzmatsch aufweicht. Wir sind also noch rechtzeitig gekommen! Durch die dicke Kruste kann er in der Trockenzeit begangen und befahren werden. Die Salzkruste ist nicht einheitlich glatt, sondern in Polygone (4- bis 7-Ecke) von ein bis zwei Meter Durchmesser unterteilt, an deren Kanten sich das Salz einige Zentimeter hoch und breit aufwölbt. Soweit das Auge blicken kann. Und das blickt weit! Allerdings mussten wir feststellen, dass sich nur nach Südosten hin ein „Blick in das unendliche Weiß“ ergibt – im Osten wird der Salar durch die Cordillera Central, nach Norden hin durch den „Hausvulkan“ Tunupa mit seiner farbenfrohen Kraterregion, und nach Westen hin von den chilenischen Anden begrenzt, mit ihren schneebedeckten Gipfeln. Da diese majestätischen Berge weit über 5.000 m hoch sind, während der Salar auf 3.356 m.ü.N.N. liegt, erblickt man sie am Horizont als kleine sanfte Hügel – nur der 60 km entfernte Tunupa wirkt etwas größer.
Sieht man die Salzkruste genauer an (und gräbt bzw. scharrt auch ein wenig), stellt man fest, dass sie aus verschiedenen Schichten besteht. Wir hatten gehört, dass die starken Regenfälle im letzten Jahr sehr viel Schlamm von den umliegenden Bergen auf den Salar gespült haben. Tatsächlich ist die oberste, ca. 3 cm dicke Salzschicht bei genauem Hinsehen gelblich bis bräunlich gefärbt (je nach Tageszeit, siehe unten), während die darunterliegende Schicht reinweiß ist.
Insgesamt 6 Nächte verbrachten wir in dieser Salzwüste. Am zweiten Tag sahen wir von weitem drei kleine Punkte: einen Bus und zwei Geländewagen. Gehört haben wir in den ersten drei Tagen nichts als uns selbst: Atmen, Reden, Kühlschrank, Standheizung. Bisweilen auch den Wind. Das ist unfassbar: tagsüber und mitten in den Nacht war es bisher windstill. Draußen ist also kein Geräusch! Halt – gestern kam eine Taube und gurrte! Als wir ihr ein Schälchen Wasser hinstellten, weil wir dachten, sie hätte sich verirrt, flog sie beleidigt davon. Als ob sich eine Taube verirren könne – sie kam natürlich nur, um den Hano mitten in dieser weißen Einöde zu bewundern! Beide Abende zog von Westen her Wind auf. Von jetzt auf nachher bläst und tönt es unerbittlich! Nachts Temperaturen um den Gefrierpunkt, tagsüber um 16°C. Die unerbittliche Strahlung wärmt einen jedoch, T-Shirt genügt. Den Großteil des Tages verbringen wir im Hano, geschützt vor der gleißenden und brennenden Sonne. Bei offener Dachluke haben wir drinnen angenehme 25 Grad. Die Höhe entwässert einen, die geringe Luftfeuchte von 20% r.F. (ist unser Hygrometer vielleicht am Anschlag?) trocknet die Schleimhäute aus: die Nase piekst und ein trockener Reizhusten quält. Man kann gar nicht genug trinken. Der Hunger hält sich in Grenzen. Wegen dieser absoluten Ruhe und Abgeschiedenheit hier beschließen wir, einige Tage auf dem Salar zu verbringen.
Grandios sind die Stunden um Sonnenauf- und -untergang. Nachdem wir am ersten Tag beinahe das schönste Morgenlicht verschlafen haben, haben wir heute früh den Wecker auf 5:00 Uhr gestellt. -1°C, man kann schon ohne Lampe sehen, da der weiße Boden das wenige Licht, das schon auf die Erde fällt, reflektiert. Man erkennt auch schon einen schwachen roten Schimmer am Horizont, dort, wo die Sonne in einer Stunde aufgehen wird. Der Gipfel des Tunupa fängt schon die ersten Sonnenstrahlen ein, während wir die Sonne noch nicht sehen. Am westlichen Horizont ein grandioses Farbenspiel: Direkt über dem Horizont ein sanftes Babyblau, darüber ein kräftiges Tiefblau, darüber Violett, Rot, Orange, Gelb, Grün, darüber wieder zartes Blau – die Farbe der „blauen Stunde“. Das rotorangene Band, das den Sonnenaufgang ankündigt, ist also umlaufend am Himmel zu sehen! Im Westen liegt darunter direkt über dem Horizont ein tiefblauer Streifen. Je näher die Sonne dem östlichen Horizont kommt (erkennbar an dem immer stärker werdenden goldenen Leuchten im Osten), desto kleiner und dunkler wird der tiefblaue Streifen über dem westlichen Horizont. Solch ein Farbspiel habe ich noch nie gesehen! Als die Sonne dann um 5:59 Uhr ihre ersten Strahlen über den Horizont wirft, wird die gesamte Salzwüste innerhalb weniger Sekunden in gleißendes Licht getaucht: Von Westen her hellt sich der Boden auf, unsere Schatten reichen etwa eine Minute lang bis an den Horizont, und schrumpfen dann langsam. Vorbei sind die spektakulären Farben. Und das Erstaunliche: Während der Salar im Abendlicht etwa zwei Stunden lang in warmen gelblichen Farben erstrahlt, wirkt er im ersten Morgenlicht bereits kaltweiß. Es gibt noch wenige Minuten nach Sonnenaufgang, in der das Salz so bläulich scheint wie in der Stunde davor – dann gleißt alles in strahlendem Weiß. Sonnenbrille angesagt; ab 9:00 dann die Gletscherbrille. Unglaublich!
Dann kommt über Mittag die Zeit der Fata Morgana. Während die entfernten umliegenden Gebirge bis auf den Horizont hinunter zu sehen sind (wenn auch in blassen Farben), scheinen die kleinen in den Salzsee eingestreuten Inseln zu „schweben“. Die wabernden Luftschichten direkt über dem Salz trennen diese Inseln optisch vom Boden, und sie spiegeln sich in dieser Schicht, sodass sie unten abgeflacht sind und wie „Eier“ über dem Salar zu schweben scheinen.