Auf abgelegenen Pisten quer durch Bolivien

Auf abgelegenen Pisten quer durch Bolivien

18. Oktober 2017
Eigentlich wollten wir ja zügig, so schnell es die Höhenanpassung erlaubt, nach Uyuni fahren. Durch die illegalen Cocabauern kam es dann aber anders. Da die Regierung die illegalen Plantagen stilllegt, kommt es zur Gegenwehr der Betroffenen Bauern in Form von Straßenblockaden. Eigentlich hatten sie für unsere Strecke keine Blockade angekündigt, nur für die ganz großen Verbindungsstraßen im Land. Nach 60 km Fahrt auf guten Straßen stehen wir dann doch vor solch einer Blockade. Sie soll bis um 18:00 dauern. Jetzt ist noch morgens, und weit und breit kein schattiger Platz. Torsten dreht kurzentschlossen um: 50 km zurück, dann geht eine Piste ab. Was für ein Abenteuer! ERSTENS ist die Piste schwer zu finden: Die gedruckte Straßenkarte von National Geographics führt völlig in die Irre. Zum Glück habe ich von Ihnen nur die Bolivien-Karte gekauft! Das Navi kennt die Pisten, die wir fahren, auch nicht durchgehend. Doch als wir meinen, völlig im Nirvana gelandet zu sein, fragen wir uns durch: links abbiegen, dieser Mini- Piste ein bis zwei Stunden bis Tierras Nuevas folgen, dann rechts abbiegen. Das ist die Beschreibung für die nächsten 80 km. ZWEITENS hat diese Piste beständig Steigungen und Gefälle zwischen 13% und 20%. Die Tachoscheibe bekundet eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 km/h. Und DRITTENS kommen wir endlich in Gegenden und Siedlungen, die für uns urtypisch Bolivianisch wirken… In den Tälern findet man abwechselnd naturbelassene Wälder oder kleine Felder: Kartoffeln, Paprika, blühende Äpfelbäume, … Zwischen atemberaubenden Passhöhen und Schluchten finden sich kleine Siedlungen aus Adobe-Häusern, also aus traditionellen getrockneten Lehmziegeln. Bis auf 2.300 m gibt es Palmen, über 3.000 m nur noch wenig Bäume, und die Felder weichen Ziegen- und Schafherden, Schweine laufen über die Straße – saubere gesunde freilaufende Schweine, kein stallgeplagtes Mastvieh. Alles wirkt verhältnismäßig. Bescheiden, aber nicht ärmlich. Evos Bewässerungsprogramm versorgt nach und nach alle Siedlungen mit Trinkwasser, vielenorts wird emsig neu gebaut, in traditioneller Bauweise, und wir meinen, eine Aufbruchstimmung bei den Bauern zu spüren. Die vielen „Evo Si!“ Inschriften auf Felsen, Häusern, Plakaten verstärken diesen Eindruck, und die vereinzelten „Evo No“ Inschriften zeugen (ebenso wie die Straßenblockaden) von lebendiger Demokratie. Während die meisten Orte dem Vorbeifahrenden entweder nur „Si“ oder „No“ verkünden, sind in Pucara die Häuser rund um die Plaza gleichverteilt mit beiden Voten beschriftet. Die Nachbarn stehen aber in freundlichem Gespräch beisammen. Wer würde bei uns an seine Fassade schreiben, was er gewählt hat??
Und so vermittelt uns diese Fahrt durch die landschaftlich faszinierenden Vorgebirge der Anden gleich einen kleinen Einblick in das gesellschaftliche und politische Geschehen!

 


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