Vollmond über der Karoo – 20.10.2021
So, damit nicht der Eindruck entsteht, wir wären nur in Nationalparks unterwegs, hier ein kurzer Bericht von einer unvorhergesehenen Nacht im Garten Eden.
Wir programmieren in unserem Garmin einen Campingplatz ein, der 30 km Piste von der Nationalstraße N12 entfernt liegt. Es ist mittags, und wir sind schon knappe 300 km durch die Karoo gefahren – dürres nicht einmal kniehohes Gesträuch soweit das Auge reicht. Das reicht uns an Fahrstrecke, wir wollen den Nachmittag verbummeln und eventuell 2 Nächte bleiben. Der Campingplatz ist malerisch an einem Stausee gelegen – mutmaße ich wegen des blauen Flecken, der daneben eingezeichnet ist.
Als wir auf die Piste abbiegen, stellen wir fest, dass sie mittlerweile auf den ersten 20 km geteert ist. Schön! Dann zweigt eine Piste ab, die tatsächlich Piste ist – und zwar die übelste bisher. 10 km auf dieser Piste und kein Hinweisschild auf einen Campingplatz? Das macht uns schon mal stutzig. Nach zwei Kilometern spreche ich meine Vermutung aus, dass dieser Campingplatz wohl auch nicht existiert. „Egal“ antwortet Torsten „auf dieser üblen Strecke kommt doch außer uns niemand, also können wir am See allein stehen – und ich bin nicht bereit, diese Strecke unverbrachter Dinge wieder zurück zu fahren.“ Gesagt, getan (für die restlichen 8 km benötigt Hano über eine halbe Stunde). Es gibt weder einen Campingplatz noch einen Stausee. Wohl eine Staumauer, die noch gut in Schuss ist, aber in der Senke blühen Mimosenbäume. Welch ein Anblick nach 300 km in der verdorrten Karoo! Allerdings ist das grüne Gebiet eingezäunt, wir stellen uns also in den Windschatten des Staudamms und beschließen, den Nachmittag und die Nacht hier zu verbringen – denn hierher verirrt sich doch niemand außer uns.
Nach einem kleinen Mittagsvesper bestaunen wir die Pflanzen, Käfer, Gottesanbeterinnen in der Umgebung. Da kommt Ion, der sich um den Staudamm kümmert. Der Damm war 1988 letztmalig gefüllt, seitdem regnet es nur so wenig, dass die Bäume in der Senke schön grünen und sich einige Grasflächen ausgebildet haben. Wir fragen ihn, ob wir hier eine Nacht stehen dürfen, und ob er meint, es sei hier sicher. Wir dürften bleiben, solange wir wollen, war die Antwort, aber schöner sei es hinter dem Damm auf einer kleinen Plattform über der Senke – dort kann man das gesamte Tal überblicken. Ja, aber die Piste ist durch ein Tor versperrt, erwidere ich. Ion schmunzelt. Ihm gefällt wohl, dass wir das Tor nicht näher untersucht haben – es liegt zwar eine Kette um das Tor und das Vorhängeschloss ist lose eingehängt, sodass keine Tiere hindurch können, aber das Schloss ist nicht zugeclipst. Wir können dort übernachten und morgen (oder wann wir wollen) wieder rausfahren, und sollen das Schloss dann wieder offen einhängen, damit er wieder hinein kann.
Wir verlegen unseren Platz und haben einen traumhaften Blick auf die blühende grüne Senke. Einer der schönsten Plätze, die wir je hatten. Ganz allein mit Weitblick auf ein herrliches Stückchen Erde!
Das feiern wir mit einem Glas Wein auf dem Hanodach. Kurze Zeit darauf geht der Vollmond hinter Hano auf und die Sonne vor Hano unter.
Am nächsten Morgen springen wir früh aus dem Bett, um das umgekehrte Schauspiel zu verfolgen: Um 5:30 geht der Vollmond über der Senke unter, eine Viertel Stunde später wirft die Sonne ihre ersten Strahlen in das Tal. Einige Tiere, die wir auch mit Fernglas nicht identifizieren können, da sie so weit weg sind, ziehen über die Grasflächen. Welch ein friedliches Stückchen Erde!
Gegen 7:30 kommt Ion vorbei, und fragt uns ob wir gut geschlafen haben. Nicht gut, sondern traumhaft! – antworten wir – an solch einem friedlichen Ort! Er freut sich, dass wir eine ruhige Nacht hatten, und seinen „Arbeitsplatz“ so wertschätzen können, wünscht uns alles Gute auf der weiteren Reise und fährt die Piste weiter in das Tal hinein. Da es tagsüber wieder sehr heiß wird, und wir zwar einen traumhaften Ausblick, aber keinen Schatten für Hano haben, reißen wir uns los und fahren weiter. Aber diese Nacht und diesen Platz werden wir sicher nicht vergessen!