Kathrina flirtet mit H.E.S.S. 26.11.2021

Kathrina flirtet mit H.E.S.S. 26.11.2021

Nördlich von Sossusvlei fahren wir weiter am Rande der Namib entlang. Einen wunderbaren Blick auf den Namibrand bekommt in den östlichen Bergen von dem Spreegtshoogte-Pass aus: dem zweitsteilsten Pass Namibias mit 25% Steigung. Auf fünf Kilometer Fahrstrecke muss ein Höhenunterschied von 500m erklommen werden. Kathrina klettert langsam im zweiten Gang der Allraduntersetzung hinauf, und legt einige Pausen ein, damit das 95°C heiße Kühlwasser auf die Normaltemperatur von 80°C abkühlen und die heiß gelaufenen Getriebe eine Verschnaufpause bekommen. Dann sind wir oben, sehen beim Abendessen die Sonne über der Namib untergehen und verbringen mal wieder eine einsame sternklare Nacht. Am nächsten Tag eröffnet sich im ersten Morgenlicht dann wieder der grandiose Weitblick auf spannende Bergformationen mit der Namib im Hintergrund, die morgens ganz weiß erscheint – vermutlich sind das die Morgennebel über den Dünen.

Der Pass ist 1.700 m hoch, und danach bleibt die Piste auf einer Hochebene von ca. 1.800 m. „HESS Telescope“ steht in der Karte, nicht ganz auf unserer Strecke, aber auch nicht zu weit entfernt. Einen tollen Sternenhimmel sehen wir ja allnächtlich, aber was wird die Max-Planck-Gesellschaft hier wohl beobachten?

[https://www.mpi-hd.mpg.de/hfm/HESS/pages/about/]

Wir fahren kurzentschlossen hin, zur ungünstigsten Zeit für spontane Besichtigungen (Freitag nachmittags) und kommen zunächst zur Anlage. Wir sind tief beeindruckt. Kathrina hat noch nie so viele Spiegeel auf einmal gesehen – allein über 900 im größten der fünf Teleskope. Sie ist ein wenig ärgerlich, als wir weiter zum Büro fahren um zu fragen, ob wir uns die Anlage näher ansehen dürfen. Wir Menschen vertun unsere Zeit eben immer mit so komischen Dingen wie Reden über unwichtige Formalitäten, während sie sich erstmalig in ihrem Leben nicht nur in einem, sondern in hunderten von Spiegeln betrachtet hat, und gerade begann, sich hübsch zu finden, vielleicht ein wenig zu staubig, und einige Parallelen zwischen der gewaltigen Anlage und sich selbst entdeckte: Viel Stahl, viele Schrauben, viele Schweißnähte, die Furcht vor Rost…

Zum Glück ist der Abstecher zum Büro nur von kurzer Dauer, der Projektingenieur vor Ort erlaubt uns, die Anlage anzusehen, sodass wir wieder zurück zu HESS fahren. Kathrina kann sich nun ausgiebig mit dem Teleskop austauschen. Sie erzählt HESS von staubigen Pisten und wohltuenden Schatten spendenden Bäumen hier auf der Erde. HESS hingegen berichtet, dass er zwar tagsüber auf die Erde blicken muss (und zwar immer den gleichen Flecken Erde, ohne Schatten), nachts aber in den Himmel gerichtet wird, wo er die letzten Lichtquäntchen von kosmischen Nebeln und anderen Phänomenen im Universum erspäht. Hunderte von Wissenschaftlern in aller Welt freuen sich allmorgendlich über seine Messdaten und beginnen begierig, sie auszuwerten, um neue Erkenntnisse über das Werden und Vergehen im Weltall zu sammeln, von dunkler Materie, schwarzen Löchern und ähnlichen erstaunlichen Dingen. Kathrina hört gebannt zu und blinzelt immer wieder in die vielen Spiegel.

Während die beiden sich auf „stahlisch“ unterhalten, bekommen Torsten und ich im Büro eine exklusive ausführliche Einführung in die Anlage und die laufenden Experimente. Wir sind begeistert von der herzlichen Gastfreundschaft, dem Experiment an sich, und der beeindruckenden technischen Ausführung. Was für ein Arbeitsplatz! (Natürlich vor Ort an der Anlage, und nicht in einem der weltweit verstreuten Büros für die Messdatenauswertung…)


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