Chasquitambo – Relaisstation für die Inka-Staffettenläufer und den Hano

Chasquitambo – Relaisstation für die Inka-Staffettenläufer und den Hano

Chasquitambo – Relaisstation für die Inka-Staffettenläufer und den Hano

oder Silvester auf drei Beinen

30.12.2017-…

 

Chasquitambo war zur Inkazeit eine Station der Staffettenläufer, mit deren Hilfe Nachrichten binnen weniger Tage im gesamten Reich verbreitet werden konnten. Heute ist es ein kleiner Ort ohne Sehenswürdigkeiten, dessen Obststände und Restaurants am Straßenrand zu einer kurzen Rast auf dem Weg von der Küste in die Cordillera Blanca einladen. Ein netter Ort mit sehr freundlichen Einwohnern, aber dennoch hätten wir ihn nicht für einen Zwischenstopp ausgesucht. Chasquitambo hat uns ausgesucht.

Nach der Temposchwelle am Ortseingang, die Torsten ganz sanft genommen hatte, hatte der Hano im Straßengang plötzlich keine Traktion mehr. Mit Allrad konnte Torsten ihn vorsichtig etwa 10 m zurücksetzen, auf ein kleines Stück Brachland zwischen zwei Häusern. Ich gehe zum Obststand gegenüber, kaufe ein paar superleckere Bananen, und erkläre den Verkäufern, dass wir ein Problem haben, und wohl ein Paar Stunden hier stehen müssen. Auch den Besitzer des Hauses nebenan erkläre ich die Situation. Er hat einen Laden für Tierfutter, bei ihm kaufe ich also nichts. Alle sind sehr nett und sagen uns, dass wir problemlos hier stehen könnten.

Erster Verdacht: Das Kegelrad des Hinterachsdifferenzials. Das macht öfters mal den Müdmeier, also haben wir es als Ersatzteil dabei. Als Torsten es ist einiger Mühe freiprepariert hat, strahlt es uns unversehrt entgegen. Zweiter Verdacht: die Steckachse. Auch sie haben wir als Ersatzteil dabei, aber auch sie ist unversehrt. Als Torsten sie wieder festschrauben will, bemerkt er, dass die Radnabe durchdreht. Die Radnabe ist gebrochen! Das kam nach Aussagen von Hano-Spezialisten noch nie vor, und wir haben keine Radnabe dabei. Wir hatten auf der Fahrt schon viele kleinere und größere Reparaturen, und selbst als der Motor sich zweimal aus seiner Halterung gelöst hat, war der Schaden in 30 min bzw. 3 Stunden behoben gewesen. Und nun das. Der Hano liegt definitiv still!

Ich straffe etwas: Am Tag darauf (31.12.) schafft Torsten es, die Radnabe auszubauen, und kontaktiert mit dem letzten Guthaben unserer deutschen Handykarte einen Hano-Spezialisten, der uns eine Nabe als Ersatzteilbereitstellen kann. Am 1.1. ist leider Feiertag und somit Stillstand. Zu allem Übel funktioniert unsere peruanische SIM-Karte hier nicht, wir haben die falsche Marke, und die funktionierende debitel-Karte will uns die Verkäuferin nicht verkaufen, weil sie zur Anmeldung eine peruanische Steuernummer bräuchte. Glücklicherweise richtet uns eine nette Polizistin auf dem Revier WLAN ein, unglücklicherweise ist es ihr privates WLAN und sie hat ab dem 2.1. keinen Dienst mehr. Am 2.1. kontaktieren wir den ADAC (kurz bevor die nette Dame ihren Dienst beendet), er kann uns die Nabe nach Lima schicken. Allerdings müssen wir vor Ort eine Werkstatt auftreiben, die das Teil für uns importiert, denn Ausländer dürfen das in Peru nicht. Wie macht man das von einem kleinen Ort im Nirgendwo aus, ohne Internet? Freundlicherweise organisiert uns ein netter Polizist dann eine Werkstatt im nächstgelegenen größeren Ort, in der wir die Nabe schweißen lassen können. Dann wäre der Hano wieder flott, und wir könnten nach Lima fahren, um alles Weitere zu regeln. Wir steigen also in ein Collectivo, einen kleinen Sammeltransporter, und fahren für umgerechnet 1,50 Euro die 70 km nach Barranca. In der Stadt nehmen wir dann ein Tucktuck, eines dieser kleinen dreirädrigen Taxis bis zur Werkstatt. Nach längerem Meditieren über der Nabe, werden die beiden Teilstücke mit dem Schweißgerät geheftet. Dann wird wie beim Zahnarzt das nicht tragende „Gewebe“ entfernt. Statt Bohrer erledigt das eine große Drehbank aus den 50ern. Dann wird mit einer beträchtlichen Anzahl an 4mm-Schweißelektroden das abgedrehte Material durch eine Auftragsschweißnaht in mehreren Lagen ersetzt. Alle Überstände werden mehr oder weniger Maßgenau wieder mit der Drehbank entfernt. Dann kommt noch eine zweite Schweißnaht von der anderen Seite hinzu, abdrehen, fertig. Zwei Stunden konzentrierte Arbeit spielt uns das heiße Nabenteil wieder in die Hände. Um 20:00 Uhr sind wir wieder beim Hano zurück und froh, dass wir nun mit Option 2 weitergekommen sind. Außerdem sind wir jetzt auch mal mit den „Öffentlichen“ in Peru gefahren das wäre sonst ja eine Bildungslücke gewesen.

Am 3.1. montiert Torsten die Nabe, es soll den ganzen Tag dauern. Eine ziemliche Nerverei, da doch mit der Schlüsselfeile nachgearbeitet werden muss, bis die Bremstrommel wieder passt.

Nun steht der Hano wieder auf vier Pfoten.

Aber wie lange hält die Reparatur?

Mit einem Ersatzteil fühlen wir uns doch etwas wohler. Also ab nach Lima, abends los, vor Mitternacht übernachten wir an einer gut bewachten Mautstation. Am nächsten Morgen kommt der Berufsverkehr quer durch Lima auf uns zu, bis wir endlich nach endlosem Stop-and-Go vor einem kleinen Geschäft landen. Diese Adresse hatte uns der Polizeitechniker in Chasquitambo vermittelt – ein Cousin. Wir werden abgeholt und weiter geht es zum richtigen Geschäft. Dort nimmt man uns supernett in Empfang. Wir können nun mit ADAC und Ersatzteillieferant telefonieren, die Verschickung in die Wege leiten.

Aber wo übernachtet man im Großraum Lima. Da ist guter Rat teuer.

Wir fahren in Richtung Berge, finden dort für die nächsten vier Tage eine sichere Unterkunft in einem privaten Schwimmbad. Leider keine Internetmöglichkeit, auch nicht über das Mobilfunknetz.

Am 8.1.2018 wird endlich das Ersatzteil vom ADAC versandt. Lieferdatum 15.1.!!!

Was nun? Noch eine Woche ins Schwimmbad? Wir werden sehen.


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