Manu-Nationalpark

Manu-Nationalpark

17.-22.12.2017

Zu Gast bei Klammeraffe, Tapir und Hornfrosch

Wir hatten uns schon oft gewünscht, so richtig tief in den Urwald vorzudringen, aber die Scheu vor den unbekannten Gefahren hatte uns bisher davon abgehalten. Zudem kann man auf eigene Faust (also mit dem Hano) ja nur auf den Straßen fahren und somit nicht bis ins „Herz des Urwalds“ vordringen. Also ist uns klar, dass wir eine geführte Tour machen müssen. Die erste gebuchte Tour in unserem Leben! Aber wir haben in jeder Hinsicht Glück:

  1. Die einzigen Mitreisenden sind ein supernettess und ruhiges junges Pärchen. Also perfekt für Tierbeobachtungen und das intensive Erleben der üppigen Natur, die uns in den sechs Tagen begegnen wird.
  2. Die gesamte Crew ist nett und extrem aufmerksam – und von der Liebe zur Fauna und Flora des Dschungels beseelt. Nicht nur Alex, der Tourguide, zeigt uns Pflanzen und Tiere, sondern auch die Fahrer achten auf Tiere und machen langsam bzw. halten an, wenn es etwas Spannendes zu sehen gibt, oder wenn sie merken, dass einer von uns sein Fernglas oder seine Kamera zückt. Bernardino, der Koch, zaubert aus regionalen Zutaten mit den bescheidenen Koch-Möglichkeiten im Dschungel dreimal täglich Köstlichkeiten, mit denen er uns verwöhnt (mästet), kennt aber auch die Tiere. Somit haben wir eine intensive Betreuung, und alle teilen vollen Herzens ihre Kenntnisse und Naturliebe mit uns.
  3. Es ist die letzte Tour in der Saison, wir kamen also gerade noch rechtzeitig. Die Regenzeit hat bereits begonnen, und einige Erdrutsche haben die Straßen schon schwer passierbar gemacht. Auf dem Rückweg müssen wir sogar einen Umweg fahren (über die Inka-Terassen von Pisaq, wie praktisch für uns!), weil die eigentliche Straße nicht mehr passierbar ist.
  4. Das Wetter spielt auch mit: Es ist Regenzeit, und an drei von sechs Tagen regnet es teilweise. Was wäre auch der Regenwald so ganz ohne Regen? Der meiste Regen fällt jedoch nachts, sodass wir für diese Jahreszeit erstaunlich viele Tiere zu sehen bekommen.

Ich habe also schon vorweg genommen, dass es eine gelungene Tour war, bei der wir wirklich viel über den Lebensraum und die Tiere gelernt haben. Und wir haben so etwa in der Halbzeit unserer Reise mal „Urlaub vom Hano“ gemacht. Nicht dass wir das dringende Bedürfnis danach gehabt hätten, aber es tut immer gut, ein eingespieltes System zu durchbrechen, um dann wieder mit neuen Augen auf dasselbe blicken zu können.

Nun aber zurück zur Tour: Am ersten Tag verlassen wir Cusco (3.300 m) morgens um 4:30 Uhr, damit wir pünktlich zum Sonnenaufgang im Nebelwald sind. In einer steilen Schlucht durchfahren wir langsam den Nebelwald. Es sind dichte Wälder aus buchenähnlichen Bäumen (die Biologen mögen mir diese ungenaue Bezeichnung verzeihen), einzelnen Baumfarnen (siehe Blogeintrag über den Amboro-Nationalpark), Cecropien, pinkfarben blühenden oreocalis frutilis, usw. Wie der Name sagt, nebelverhangen, und durch die steile enge Schlucht hat man einen faszinierenden Blick auf die gegenüberliegende Seite – und kann dort mit dem Fernglas sogar große Vögel und herumtollende Affen in den Bäumen erkennen! Alex zeigt uns voller Hingabe viele Vögel, von kolibri-klein bis Guan-groß. Wir sehen auch den peruanischen Nationalvogel, den Felshahn (coq in the rock). Die Männchen sind in der vorderen Hälfte knallrot, hinten schwarz, und tragen vor der Brutzeit wohl herzergreifende Werbe-Tänze auf, um die Gunst der schönsten Weibchen zu erwerben. Die Weibchen haben ein verhalten weinrotes Gefieder – wenn sie denn mal auf den Eiern sitzen, sollen sie gut getarnt sein, und nicht optisch so hervorleuchten wie die Männchen. Nach den vielen Vögeln sind wir begeistert, als auf der gegenüberliegenden Seite viele nebeneinanderliegende Bäume wackeln. Eine Wollaffen-Familie macht gerade die Baumkronen unsicher. Äste brechen ab und fallen zu Boden. In den nächsten Tagen sollen wir dieses Spektakel  dann noch öfters hautnah erleben. Wollaffen sind nämlich sehr aggressiv und kaum scheu. Als wir dann drei Tage später im Regenwald unter einer Herde Wollaffen hindurchlaufen, und Alex das Alfa-Männchen durch perfekte „Uh-Uh-Uh“-Laute reizt, tollt das Männchen direkt über uns herum, sodass wir den herunterfallenden Ästen ausweichen müssen. Doch lassen wir uns durch diese Demonstration seiner Dominanz leider nicht vertreiben, sondern zücken unsere Ferngläser, um die Mimik des aufgebrachten Männchens zu studieren. Das bringt ihn natürlich noch mehr in Fahrt…

Die Urwald-Lodges, in denen wir übernachten, sind faszinierend: Die Wände sind aus Tropenhölzern und Fliegengittern gefertigt. Darüber ein überlappendes Dach aus Stroh oder Palmblättern. Zwischen Wänden und Dach ist jeweils ein breiter Spalt offen. Das hat den Vorteil, dass Insekten, die aus Versehen in die Hütte fliegen, auch wieder herauskommen – ansonsten würden sie sich unter dem Dach sammeln. Ich bin überrascht, dass wir tatsächlich sehr wenige Tiere in den Zimmern finden. Diese wenigen werden dann durch die Moskitonetze abgehalten, unter denen wir schlafen.

Draußen tobt in der Nacht das pralle Leben. Die Eulen hören wir nur, bekommen sie aber nicht zu Gesicht. Beim Spaziergang um den kleinen Teich der Lodge sehen wir eine dicke Kröte, einen kleinen Frosch, eine „Gottesanbeterin“, die gerade ihre Beute verspeist, und einige recht große Wolfsspinnen. Dann noch eine „schwarze Hexe“ und andere große Nachtfalter. Der Höhepunkt des Nachtspaziergangs sind natürlich die Vogelspinnen. Zwischen den Häusern (nur 20 m von unserem Zimmer entfernt!) ist ein Erdhaufen, in dem die Vogelspinnen wohnen. Alex lockt sie mit einem nur 30 cm langen Grashalm aus den Löchern. Trotz Spinnenphobie kann ich sie aus 2 m Entfernung beobachten, ohne das Grausen zu bekommen. Ich bin ganz verwundert, dass ich danach auch ruhig schlafen kann, denn das Zimmer ist wie gesagt oben offen und theoretisch könnten die Vogelspinnen ja zu mir ins Bettchen krabbeln. Aber sie tun es nicht – ich passe nicht ins Beuteschema, und die Zimmer sind viel zu aufgeräumt und tierarm, als dass sie für die Vogelspinnen interessant wären.

Am nächsten Tag steigen wir dann ins Boot um und verlassen somit die allgemein zugängliche „Kulturzone“ des Nationalparks, um in das Herz des Reservats vorzudringen. Zunächst fahren wir auf dem großen Fluss „Madre de Dios“ nach Osten. Er fließt recht schnell und hat eine graue Farbe. In den vielen Schleifen sind die „äußeren“ Ufer oft zu Steilwänden ausgewaschen, in den „inneren“ Ufern haben sich meist Sand-, Kies- oder Steinbänke gebildet. Herabgefallene Bäume sorgen für Untiefen und teilweise starke Strudel. Die Bootsfahrer sind sehr erfahren und umfahren die kritischen Stellen weitläufig. Nach etwa 70 km biegen wir nach Norden in den Rio Manu ein. Dieser hat eine bräunlich-schlammige Färbung und fließt deutlich langsamer. Die nächste Lodge ist nach wenigen Kilometern auf dem Manu-Fluss erreicht. Um die Häuser herum sind Bananen und sonstige Früchte gepflanzt – wodurch wir diverse Affen hautnah erleben können: Totenkopfaffen und Kapuzineraffen kommen und räubern die Früchte. Und wie! Von einer Bananenstaude beißen sie jede Banane an, und springen dann in den nächsten Baum, um ihn zu plündern. Mit wenigen Bissen sind also alle Bananen dem menschlichen Gebrauch entzogen! In dieser Lodge werden wir aber nicht schlafen. Nach der Ankunft haben wir eine knappe Stunde Zeit zum Ausruhen und Nachtrucksack Packen. Dann wandern wir etwa eine Stunde lang zu einem Tümpel, zu dem nachts gern Tapire kommen. Daneben hat man eine mehrere Meter hohe überdachte Beobachtungsplattform gebaut, ohne Wände. Einige Matratzen hängen unter dem Dach, die wir ausschütteln und aus denen wir uns ein Bettlager bauen. Jeder hängt sein Moskitonetz über seine Matratze. Wir werden Nachtwache halten: Jeder muss anderthalb Stunden lang wachen und alle 10 Minuten, bzw. wenn er etwas hört, vorsichtig den Tümpel ableuchten. Sollten tolle Tiere, z.B. Tapire dort sein, macht man die Lampe sofort wieder aus und weckt beide Nachbarn. Wenn alle wach sind, macht Alex seine starke Lampe an und leuchtet vorsichtig  den Tümpel ab. Er hat viel Erfahrung darin, die Tiere nicht mit dem Licht zu erschrecken. Aber da es in Strömen regnet, macht er uns nicht viel Hoffnung auf Tapire. Doch wir haben Glück – sieben Tapire werden wir sehen. Die Tapire sind wirklich faszinierend: Leichtfüßig steigen diese Kolosse in den Tümpel und wieder aus diesem heraus. Beim Laufen im Tümpel platscht es ein wenig, aber die Tapire sind viel leiser als die Frösche, die an den Rändern des Tümpels  hausen und sich die ganze Nacht lang wichtig machen. Der Tümpel soll mineralreich sein, weswegen die Tapire (und tagsüber auch Affen und andere Tiere) gern hierher kommen, um davon zu trinken. Irgendwie merken sie unsere Anwesenheit, sei es den nicht dschungeltypischen Geruch, sei es die Lampe, die Alex vorsichtig einsetzt. Ab und zu sehen sie nämlich zu unserer Plattform herauf und wittern, wobei sie ihr Mäulchen öffnen und den kurzen Rüssel rümpfen, um ja den Geruch vollständig zu erfassen. Ihre kurze struppige Mähne steht dabei lustig in die Höhe. Aber sie nehmen uns nicht als bedrohlich wahr, denn viele verbringen viele Minuten in dem Tümpel, schlürfen, wittern, schlürfen und wittern wieder, und steigen dann ganz langsam und vorsichtig ans Ufer, um im Dickicht zu verschwinden. Das letzte, was man von ihnen sieht, ist der runde aparte Hintern mit dem kurzen dünnen Schwänzchen. Ich fand Tapire wegen ihrer absurden Kopfform schon immer faszinierend – aber in dieser Nacht habe ich sie richtig lieb gewonnen. Diese Tapire haben nichts gemeinsam mit den Bildern, die ich aus den Zoos kenne:  massige Tiere, die teilnahmslos mit hängendem Kopf dastehen. Vermutlich sind auch die Tapire in den Zoos eher nachts aktiv – aber weshalb setzt man sie dann tags den neugierigen Blicken aus?

Um 4:00 ist die letzte Nachtwache rum und wir brechen auf zurück zur Lodge, um unser restliches Gepäck zu holen und bei Sonnenaufgang schon wieder auf dem Boot zu sein – gefrühstückt wird auf dem Boot! Es geht weiter den Rio Manu hinauf, bis zu einer Lodge, die von Urwald-Indianern betrieben wird. Als der Nationalpark eingerichtet wurde, wurden natürlich nicht nur Tiere und Pflanzen geschützt, sondern auch die dort lebenden Menschen. Zum Zeitpunkt der Parkgründung waren mehrere Stämme bekannt, die zwar seit (einigen) hundert Jahren losen Kontakt zur Zivilisation hatten, aber doch noch ihre eigene Kultur mit nur wenigen Anpassungen wie Kleidung, Häusern und Plantagen behalten haben. Sie haben heute Zugang zu Arztstationen, helfen sich aber nach wie vor lieber mit den ihnen wohl bekannten Pflanzen aus dem Wald. Nur bei lebensgefährlichen Schlangenbissen,  Verletzungen usw. kommen sie zu den Medizinstationen. Diese Stämme sind auch weitgehend immun gegen unsere Krankheiten, weshalb ein geringer loser Kontakt wie beispielsweise in der Lodge möglich ist. Zwei Männer des Matchiguenka-Stammes betreuen die Lodge, die übrigen (über 100) meiden uns lieber. Diese Stämme dürfen in gewissen Gebieten auch jagen und fischen, die Kerngebiete des Parks sollten auch sie meiden. 2009 tauchten dann plötzlich einige nackte Indianer am Flussufer auf, die eine Rangerstation mit Pfeil und Bogen beschossen. Ein bisher unbekannter Stamm war aufgetaucht. Mit einer unbekannten Sprache. Dieser Stamm betreibt keine Plantagen, sie leben noch völlig als Jäger und Sammler. Das wurde zum Problem, als sie merkten, wie einfach es sich in den Plantagen der sesshaften Indianerstämme sammeln lässt. Mittlerweile hat die Regierung einen Anthropologen damit betraut, Kontakt mit ihnen aufzunehmen und ihnen klarzumachen, dass sie in einem Nationalpark leben (wie sagt man das in einer Sprache, die man gerade erst lernt…?), dass sie in einem gewissen Gebiet bleiben sollen, und nicht die Plantagen der anderen Stämme plündern sollen (wie sagt man das Menschen, die keinen Begriff für „Besitz“ haben…?). Ein nicht ganz einfaches Unterfangen. Zumal außer den 7 Personen, die Kontakt zu dem Anthropologen haben, noch über hundert weitere Angehörige dieses Stammes vermutet werden. Immerhin ist der Anthropologe so weit gekommen, dass er ihnen die Angst vor uns genommen hat und sie aufgehört haben, Ranger, andere Indianer und Touristen mit Pfeilen zu beschießen. Es hat uns gefreut zu hören, dass hier sehr subtil mit allen Park-Bewohnern umgegangen wird, und nicht die Menschen und Tiere für eine Touristenshow mehr als nötig gestört werden.

In der Nähe dieser Lodge, in der wir 2 Nächte verbringen, befinden sich zwei Seen, die Touristen zugänglich gemacht werden. Der Cocha Salvador darf mit einem Katamaran befahren werden, die Ruder muss man jedoch selbst mitbringen. Den Cocha Otorongo kann man nur von einer Plattform aus überblicken. Hier sind manchmal Riesenotter zu finden. Um es abzukürzen: wir sehen die Otter nicht, obwohl wir viermal den Cocha Salvador abrudern. In der Hochsaison hat jede Gruppe ein Zeitkontingent und darf nur einmal rudern. Weil Alex uns unbedingt den Riesenotter zeigen will, ändert (verlängert) er den Plan und wir rudern am Nachmittag des Ankunftstages, am Morgen und Abend des Tages, den wir dort verbringen, und bei Sonnenaufgang am Abreisetag auf dem See. Wir bestätigen ihm, dass es für uns keine Enttäuschung ist, den Riesenotter nicht gesehen zu haben, aber eine echte Bereicherung, diesen See an vier verschiedenen Tageszeiten gesehen zu haben. Viele Tiere sehen wir auf allen Fahrten, aber sie haben teilweise ein tageszeitspezifisch unterschiedliches Verhalten. Außerdem merken wir, wie unser Blick sich durch die Wiederholung schärft, sodass wir wissen, worauf wir zu achten haben, und einige Tiere schon wiedererkennen. Viele Leute, die im Urwald waren, beklagen sich, dass er so „leer“ sei. Aber das stimmt nicht. Der Urwald ist voller Tiere – aber er ist sehr blickdicht, und die Tiere haben Angst vor Fressfeinden und zeigen sich daher nicht so prominent. Man muss sorgsam auf Geräusche achten, die vom Wind herrühren können, aber eben meist von Tieren stammen, auf Blätterrascheln, und sonstige Laute. Viele Vögel verraten sich durch ihren Gesang, andere nur durch Bewegungsrascheln, und wenn mehrere Bäume wackeln und Äste fallen, dann ist es meist eine Affenherde. Brüllaffen markieren ihre Reviere durch das Geschnarre des ranghöchsten Männchens. Als wir das Geräusch zum ersten Mal hören, denken wir an elektronische Gruselmusik aus einem Science Fiction Film. Wie jemand auf den Namen „Brüll“affe kommen konnte, ist uns unerklärlich. Als wir das Geräusch zum zweiten Mal hören, verkünden wir Alex stolz „howling monkeys“ und er nickt bestätigend. Irgendwann bekommen wir sie auch von Nahem zu sehen. Ebenso wie die schlanken gelenkigen Klammeraffen, die so viel herumtollen, dass sie ganz muskulös sind, und ihr Fleisch daher von den Urwald-Indianern als das zarteste aller Affengerichte geschätzt wird. Am letzten Tag sehen wir auch zwei Tamarin-Arten, darunter den Kaiserschnurrbart-Tamarin. Alex hält ihn für den schönsten aller Affen, ich finde ihn potthässlich – weshalb trägt ein Affe einen langen herabhängenden Robbenbart? Ich merke mal wieder, dass ich das Zeug zur Biologin nicht besitze.

Zum Frühstück kommen Totenkopf-Affen zu verschiedenen Obstbäumen direkt am Seeufer und plündern diese. Dabei fallen auch viele Früchte ins Wasser. Das lockt Fische an, die wir platschen sehen, diese wiederum locken die Brillen-Kaimane an, die schon etwas weiter aus dem Wasser schauen. Auch die Affen kommen so zu einer Fischmahlzeit, wenn sie geschickt sind und sich trauen, zwischen den Kaimanen zu fischen. Um die Mittagszeit sehen wir sehr viele Baumwipfel wackeln und hören wildes Affengeschrei – wir werden Zeugen eines Kampfes Klammeraffen gegen Wollaffen. Abends hangeln sich die Klammeraffen zum Trinken ans Wasser hinunter. Wir sehen am Seeufer natürlich auch viele Vögel: Eisvögel, Reiher, Seeadler, usw. Am absurdesten sind die Hoatzin. Es sind entwicklungsgeschichtlich sehr alte Vögel, die mit ihrem willenlosen Haarschopf etwas dümmlich aussehen, und sich laut Alex gegen Fressfeinde dadurch schützen, dass sie extrem stinken. So nah kommen wir aber nicht heran, um letzteres überprüfen zu können. Unsere Bootsleute fangen für uns einen Piranha, Alex hält ihm ein Blatt hin. In Windeseile hat das Blatt zwei Bissspuren – der Piranha hat so schnell zugebissen, dass wir es gar nicht sehen konnten!

Als wir wieder vom See zur Lodge zurückwandern, sehen wir den seltenen Hornfrosch. Was für eine Freude! Er sitzt unbeweglich da und wackelt mit dem mittleren Vorderzeh, um Beutetiere anzulocken. Fällt ein Tier auf den Trick herein und will den Zeh fressen, schnellt die Zunge des Hornfrosches hervor und es ist um das arme Tier geschehen. Weil der Hornfrosch aber so still sitzt, bis Beute kommt, ist er von Menschen auch leicht zu fangen und daher sehr bedroht. Wir fotografieren ihn wirklich von allen Seiten, und er rührt sich gar nicht.

Bei Nachtspaziergängen sehen wir auch die Geißelspinne – unser größtes Exemplar hat eine Beinspanne von 30 cm, sie sollen aber bis zu 60 cm lang werden können! Da sie gar nicht spinnenartig aussehen, sondern eher wie Krabben, habe auch ich meine Freude an ihnen. Wir finden auch ein kleines Maus-Opossum, Bambusratten, und eine südamerikanische Wasserschlange.

Das Hauen und Stechen im Urwald beschränkt sich aber nicht nur auf die Tiere, sondern setzt sich im Pflanzenreich fort: Würgefeigen klammern sich um bestehende Bäume, erwürgen diese im Laufe vieler Jahre und sichern sich so ihren Platz an der Sonne. Wir finden eine hohle Würgefeige, deren innerer Baum mittlerweile verrottet ist, und in der gut und gern 5 Personen Platz fänden. Da alle Winkel aber voller Spinnennetze sind, gehen wir nur einzeln hinein – keiner will im Eck stehen! Der Capirona-Baum schützt sich vor solchen Kletterern, indem er regelmäßig seine Rinde abwirft. Die Palmera caminante  ergattert sich „passiv“ die beste Sonnenstelle: sie wächst auf einem Ring aus Stelzenwurzeln, die sich mit einem Radius von über einem Meter um eine Hauptwurzel herum scharen. So kann sie durch unterschiedlich starkes Wachstum der Stelzen ihren Standort verlagern – um 1…2 Meter, und natürlich über viele Jahre hinweg.

Es gäbe noch viel zu berichten, und wir wären gern noch länger geblieben, um noch mehr zu erleben und an Zusammenhängen zu begreifen. Am letzten Abend besteigen wir eine etwa 30 m hohe Plattform, die in einem lichten Waldstück steht. Die höchsten Bäume sind 60 m hoch, wir sehen also den kleineren Bäumen in die Wipfel hinein, die großen aus halber Höhe. Leider regnet es, was einerseits den Aufstieg schwierig macht, und andererseits die Tiere in den Schutz der Blätterdächer treibt. Wir sehen einige Aras, durch die Nähe sieht man auch deren schöne Farben, und sonstige Vögel. Die Lichtstimmung ist gigantisch, als der Regen aufhört – und obwohl wir nicht so viele Tiere gesehen haben, war das Erlebnis des Regenwaldes hier sehr intensiv. Ein wunderbarer Ausklang unseres kurzen Abstechers in den Regenwald!


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