Alte Kulturen in Kolumbien
15.-17. Februar 2018
Die vorkolumbianischen Kulturen in Südamerika haben uns bisher nicht vom Hocker gerissen. Runde und eckige Grundmauern kennen wir aus Europa, irgendwie folgen menschliche Behausungen doch weltweit sehr ähnlichen Mustern. Auch die Tonscherben sehen sich überall auf der Welt irgendwie sehr ähnlich. Angenehm überrascht waren wir, als wir in Bolivien in einem abgelegenen Seitental, in dem wir eine Übernachtungsmöglichkeit suchten, auf Grabtürme aus Adobe stießen. Sie leuchteten rot in der Abendsonne, und da es nur etwa 10 Türme waren, fernab jeglicher Touristenrouten, waren außer uns dort nur einige Lamas. Ein herrlicher und ergreifender Anblick.
Die Festung Sayhuaman in Cusco, Peru, hatte uns mit ihren Mauern aus fugenlos ineinandergefügten riesigen Steinblöcken fasziniert.
Das waren bisher die Höhepunkte für uns gewesen, und wir waren nicht sicher, ob wir wirklich die Umwege über unerquickliche Pisten für die archäologischen Stätten in Süd-Kolumbien fahren sollten. Wie gut, dass wir die Huckelei auf uns genommen (und dem Hano zugemutet) haben!
Zuerst kommen wir nach Alto de los Idolos. Hier gibt es alte Gräber (1…1500 nach Christus), die an die Allees Couvertes in der Bretagne erinnern. Allerdings haben all diese Gräber einen Wächter aus Stein: in der Regel Steinplatten (wenige sind als Relief ausgearbeitet), in die (menschliche?) Figuren mit übergroßen und überbreiten Gesichtern eingemeißelt sind. Beeindruckende Wächter -mich hätten sie auf jeden Fall am Weitergehen gehindert. Das Faszinierendste an los Idolos ist, dass die Gräber mit Wächtern erhalten (bzw. wieder aufgestellt) sind. Außerdem sind wir allein und genießen die Ruhe an diesem andächtigen Ort.
Einen Tag später besichtigen wir die bekanntere und gut besuchte (wenn auch nicht überlaufene) archäologische Stätte in San Agustin. Hier stehen über 100 Grabwächter, jedoch ohne Gräber. Die Einbettung der Figuren in die Ruhestätten der Ahnen spürt man hier nicht so gut, wie in los Idolos. Eindrucksvoll ist die Vielfalt an Figuren, die Unterschiede in den Handhaltungen und in der Ausgestaltung der Gesichter: runde Augen, halbrunde, eckige, Schlitze. Fast alle Gesichter fletschen die Zähne und haben übergroße Eckzähne.
Frühere und ganz anders angelegte Grabstätten finden sich in Tierradentro. Laut Luftlinie ganz in der Nähe, jedoch muss man 200 km abenteuerliche Straßen und Pisten fahren, um hierher zu gelangen. Hier befinden sich einzigartige Grabhöhlen. Einige sind ausgegraben, viele weitere werden noch auf den umliegenden Feldern unter dem fruchtbaren Ackerboden vermutet. Man steigt über die originalen rundgewaschenen überhohen Stufen hinab in die Gräber. Noch ziert kein Geländer diese Zugänge, man muss schon etwas Geschicklichkeit walten lassen, um hinunter und wieder hinauf zu kommen. Allerdings wurden Lampen mit Bewegungsmeldern installiert, sodass man unten mit schwacher Beleuchtung die Verzierungen an den Wänden der Gräber erkennen kann. Jedes Grab hat einen zentralen Innenraum, umgeben von 7 Nischen, in denen teilweise Urnen gefunden wurden. Teilweise verfügen die Innenräume noch über Säulen. An den Säulen sind Ornamente oder Köpfe eingemeißelt, viele Wände der Nischen sind mit einfachen regelmäßigen Mustern verziert, in blauer und roter Farbe. Sehr beeindruckende Stätten!
Diese Gräber liegen in einem sehr fruchtbaren Gebiet, wir sehen rundum Kaffeeplantagen und Bananenstauden. Als wir ein paar vergessenen Kaffeekirschen öffnen und uns fröhliche Würmer entgegenschauen, wissen wir, dass der Kaffee hier echt bio ist. Und nachdem uns ein Architekt, der eine nahegelegene Kirche restauriert und glücklicherweise gut englisch spricht, bestätigt, dass der beste Kaffee Kolumbiens von hier stammt, und nicht aus dem berühmten Kaffegebiet um Manizales, ist klar, dass wir am Abend einen Einkaufsbummel in den Ort machen, um getrocknete, aber ungeröstete Kaffeesamen zu erstehen. Seit dem Kakaorösten hat sich unsere Technologie schon weiter entwickelt: Geröstet wird im heißen Luftstrom im Nudelsieb. Klein gepulvert wird beim ersten Versuch im Mörser, beim zweiten dann etwas feiner in der Pfeffermühle. Die Ergebnisse sind schon sehr lecker, ein superfeines Aroma. Nichtsdestotrotz werden wir bei weiteren Ansätzen das Verfahren weiter entwickeln. Es erfreut uns immer wieder, wenn wir an einem Ort nicht nur das finden, was uns die Karte, der Reiseführer, oder ein Tipp anderer Reisender versprochen haben, sondern wenn sich zu diesen großen Höhepunkten noch eine weitere unverhoffte kleine Entdeckung gesellt!