Wiedervereinigung mit Hano – 29. September 2021
Am 29. September ist es dann soweit: wir dürfen Hano abholen.
Das Wetter hat sich mittlerweile eingetrübt, es nieselt fast den ganzen Tag, unterbrochen von kräftigen Regengüssen.
Morgens fahren wir mit der Hafenagentin Natasha in den Frachthafen, um das Carnet de Passages, das Zolldokument für Hano, abzugeben. Ich darf mit dem Leihwagen noch die erste Hafeneinfahrt passieren, Torsten fährt dann mit Natasha in den Zollbereich ein. Gegen 10:00 Uhr sehen sich Torsten und Hano wieder. Hano leckt Wunden, und Torsten ist fürsorglich besorgt. Als er gegen 10:30 Uhr aus dem Zollbereich herauskommt, berichtet er mir:
- Die Batterien sind tiefentladen. Offensichtlich hatte zu Beginn der Reise jemand die Zündung und den Blinker angelassen…
- Bei dem Versuch, die Motorhaube zu öffnen, um Starthilfe geben zu können, wurde unsachgemäß an der Haube hantiert, der Schließmechanismus ist deformiert, ein Bügel fehlt, den Torsten jedoch nachmittags im Handschuhfach findet. Die vielen kleinen Lackschäden sind nicht tragisch, jedoch ärgerlich, weil wir ja keine Farbe mitnehmen durften…
- Dann haben sie Hano offensichtlich abgeschleppt, um ihn an Land zu bekommen, haben aber glücklicherweise das Maul gefunden und hierbei alles richtig gemacht.
- Der Geländegang ist eingelegt. Erstaunlich, denn wir hatten ihn in der bebilderten Fahranleitung nicht erwähnt, und den Hebel gegen unbeabsichtigtes Betätigen mit einer leuchtend gelben Schnur gesichert, die am Verbandskasten festgebunden war. Schnur und Lederriemen der Verbandskastenhalterung waren zerrissen, und der Geländegang eingelegt.
- Die Warntafel im Heck ist verbeult und etwas verkratzt.
Etwaige Schäden, z.B. des Getriebes, hatte Torsten noch nicht ansehen können, da er das Auto ja nicht starten und bewegen konnte. Die Beamten versprachen, bis zur Abholung am Nachmittag Ersatzbatterien und Starthilfekabel zu besorgen. Währenddessen läuft der Frachter aus.
Wieder zu Hause in Little Louisa setzen wir eine vorläufige Schadensmeldung auf Englisch auf, da wir das Ausmaß des Schadens nicht absehen können. Die Transportversicherung rät dazu, sich die Schadensmeldung vor Ort abzeichnen zu lassen. Nick, der Besitzer von Little Louisa, bietet uns an, uns zwei Batterien mitzugeben, aber wir lehnen ab, denn die Beamten hatten ja versprochen, sich drum zu kümmern.
Am Nachmittag fahren wir gegen 15:00 Uhr wieder in den Hafen. Das gleiche Spiel: ich warte im Hafenbecken, während nur Torsten als Fahrzeughalter in den Zollbereich darf.
Die Zollbeamten sind natürlich nicht bereit, die Schadensmeldung zu unterschreiben, das Schiff ist ausgelaufen, und die Hafenagentin weiß auch keinen Rat und fährt die Kinder ihres Schwagers abholen, und lässt Torsten im wahrsten Sinne des Wortes im Regen stehen. Naja, wir haben überschlagen, dass zwei neue Batterien und eine Büchse Farbe billiger sind als der Selbstbehalt, den verbogenen Schließmechanismus muss Torsten sowieso selbst richten, welche Werkstatt würde sich denn da auskennen, und falls das Verteilergetrieben Schaden genommen hätte, würde sich die Versicherung bei so einem alten Auto sowieso rausreden. Jetzt muss Hano nur noch starten und nach Hause fahren, dort werden wir alle Wunden heilen.
Leichter gesagt als getan, denn über die Mittagspause hatte natürlich niemand irgendwelche Vorkehrungen zur Starthilfe getroffen. Hätten wir doch Nicks Batterien mitgenommen! Der Generator hätte uns im Normalfall in solch einer Situation geholfen – aber er durfte ja nur leer aufs Schiff. Und ein Generator ohne Benzin liefert keine 24 Volt… Torsten hatte noch zwei starthilfefähige Powerbanks im Hano gefunden, von denen jedoch nur noch eine geladen war. Gegen 17:00 Uhr funkt er mich an, dass die Zollbeamten mittlerweile endlich eine Batterie gefunden haben, aber nun das Starthilfekabel suchen. Ihre dienstlichen PKWs dürfen sie nicht nutzen. Und um 18:00 Uhr müssen sie die Tore schließen, es kann also sein, dass wir morgen nochmal kommen müssen.
Dann kommt um 17:45 Uhr der erlösende Funkspruch. Torsten sagt kein Wort, aber Hanos Motorgeräusch teilt mir mit, dass das Starthilfekabel gefunden wurde! Starthilfe eines Hafen-PKW und eine Lithiumionen-Powerbank haben gemeinsam das Wunder vollbracht. Fünf Minuten später geht das Tor auf, und Hano kommt herausgebraust.
Im letzten Abendlicht fahren wir zur Little Louisa, und als ich mit dem Mietwagen hinter Hano dahinschwebe, beschleicht mich wieder dieselbe prickelnde Aufgeregtheit, die ich schon beim Hinterherfahren mit Wohni nach Bremerhaven verspürt hatte. Ob nur ich die Rückansicht des Hano so betörend finde, oder ob auch andere Autofahrer ins Träumen geraten, wenn sie hinter Hano herfahren?
Auf jeden Fall sprechen wir an dem Abend dem südafrikanischen Rotwein zu und lassen ihn mit einem Cognac vor dem Hano ausklingen.