Quirliges Tansania 3.-8.2.2022

Quirliges Tansania 3.-8.2.2022

Der Grenzübergang von Sambia nach Tansania war mal wieder ein Abenteuer, nach der Grenze mal wieder ein völliger Mentalitätssprung.

Den mehrstündigen Aufenthalt in dem Grenzgebäude zwischen Nakonde und Tundela komprimiere ich in einen Satz: Sämtliche Büros sind in einem modernen Gebäude unter einem Dach untergebracht, allerdings weder nach Ländern noch inhaltlich (Immigration der Personen, Zoll, Kfz-Abgaben und -Versicherungen) sortiert und schon gar nicht ausgeschildert, was uns eine mehrstündige Odysee von Pontius zu Pilatus bescherte, zwischendurch wurde Kathrinas Inneres mit Chlorlösung aus der Gartenspritze desinfiziert.

Dann tauchen wir in eine neue Welt ein. Während die Sambier ruhig, lächelnd, Jahrhunderte zurück, also unmotorisiert unterwegs waren, ist hier fast jeder mit Moped, Tuctuc oder noch mehr PS unterwegs, natürlich immer ein Smartphone am Ohr. Die wenigen Fußgänger und Radfahrer müssen hier schnell wegspringen, egal wie beladen sie sind – außer Kathrina macht niemand einen Bogen um sie herum. So verträumt und verschlafen Sambia war, so quirlig und dynamisch fließt hier alles umeinander herum. Und völlig Multikulti, jeder hat ein anderes Lebens- und Fortbewegunskonzept.

Immerhin gibt es noch die ansprechenden Straßenstände mit leckerem Gemüse. Supermärkte gibt es hier gar keine mehr. Es gibt selbst in den Städten nur kleine Läden, ohne Beschriftung, das Sortiment muss man in jedem Laden neu erfragen, es gibt also keine Ladentypen. Dafür sind die Läden so klein, dass man das Warenangebot schnell durchgesehen hat, und mit etwas Übung dauert das Einkaufen hier auch nicht länger als im Supermarkt. (Nach 10 Tagen finden wir in Dodoma einen Supermarkt, der alles unter einem Dach hat, es soll weitere in Arusha und Dar-es-Salaam geben).

Erfreulich ist, dass das Warenangebot der konfektionierten Waren sich sprunghaft ändert. Während die Getränke, Milchprodukte, Reis, Mehl, Gewürze, Dosengemüse von Südafrika über Namibia bis Sambia von den gleichen Firmen stammten (wobei die Bandbreite an Marken und Sorten immer dünner wurde), ist hier alles anders. Der Markt ist nach Nordafrika, Kleinasien und Fernost ausgerichtet: Anstatt Oregano, Rosmarin und Italian Herbs finden wir eine Riesenauswahl an Gewürzen, meist nur in arabischer Schrift gekennzeichnet. Aber der Duft dringt durch die Packung, sodass wir sofort riechen, was wir kaufen wollen. Als ich nach „rice“ frage, teilt mir die Besitzerin von 2*2 qm Ladenfläche mit, sie habe keinen – doch ich finde direkt hinter ihr einen Sack mit etwa drei Kilo Reis, rundum mit chinesischen Zeichen beschriftet. Über die Kochzeit kann mir die Ladenbesitzerin nichts sagen – egal, wird gekauft und ausprobiert.

Neben christlichen Gotteshäusern sieht man immer mehr Moscheen. Als wir einmal in der Stadt Iringa auf einen Campingplatz gehen, ruft uns der Muezzin um 16:00 Uhr, 19:00 Uhr und 05:00 Uhr zum Gebet.

Unsere erste Übernachtung ist jedoch so richtig auf dem (Hoch-)Land in einer Coffee-Lodge. Feinste Hochland-Cafés werden rundum angebaut, Mangos wachsen im Garten, und so gönnen wir uns hier vier Nächte lang einen Camping-Bungalow: ein großes Haus mit hohen Decken, zwei Schlafzimmern und zwei Bädern, einem großen Aufenthaltsraum mit Esstisch sowie einer Couch-Ecke und einer großen Küche mit Backofen! Der Bungalow ist gerade mal 20% teurer als Camping auf einer schattenlosen Wiese, daher gönnen wir Kathrina eine Auszeit von uns, und haben so richtig Zeit, sie gründlich zu putzen, was nicht ganz so gut gelingt, wenn man in der Regenzeit in ihr wohnt und ständig Feuchtigkeit einträgt. An zwei von vier Tagen haben wir sogar Strom, an den anderen beiden Tagen ist die gesamte Gegend fast ganztägig ohne elektrische Energie… Am ersten Tag haben wir morgens um 10:00 Uhr gerade ein Brot in den Backofen geschoben, als der Strom ausfällt. Ich laufe zur Rezeption und erzähle ihnen von unserer Misere. Kurzerhand erlaubt uns die Managerin, das Brot im Ofen des Restaurants fertig zu backen, das ist nämlich an den Generator angeschlossen. Die Köchin ist zunächst etwas skeptisch, als wir unseren „Potje“ (einen gußeisernen Topf mit Henkel) bringen und ihren Ofen stellen, und alle Wählschalter des Ofens verstellen. Als wir ihn eine Stunde später wieder holen und den Deckel lupfen, ist sie vom Anblick und vom Geruch ganz hingerissen. Hier kennt man nur die angelsächsische Weißpappe, ein braunes rundes Brot mit Kruste hat sie noch nie gesehen. Als Torsten ihr dann nach dem Ruhen eine noch warme Kostprobe mit Butterflöckchen bringt, ist sie begeistert. Als um 19:00 Uhr wieder Strom kommt, backt Torsten einen Zuckerkuchen für die nächsten Frühstücke. Am zweiten Tag backen wir eine Pizza, am dritten Tag ist wieder ganztags Stromausfall. Immerhin funktioniert der Gasherd – wir können also all die Gemüsevorräte ratzeputz leerkochen, und so einen Grundzustand in Kathrina herstellen, um bei der Weiterfahrt wieder die Marktstände plündern zu können.

Am ersten Tag machen wir noch einen typischen Anfängerfehler: Wir hatten während der Campingphase auf Tee und löslichen Kaffee zurückgegriffen. Hier bereiten wir uns natürlich den leckeren Kaffee der Farm zu, mit einer Stempelmaschine aus dem Bungalow. Nur die ganzen Bohnen werden für den Spitzencafé ausgelesen, nicht die kleinen oder zerbrochenen, sodass alle Bohnen absolut gleichmäßig geröstet sind, was einen besonders feinen, gleichzeitig intensiven aber milden Geschmack zur Folge hat. Der Café ist so mild, dass wir morgens, mittags und abends je zwei bis drei Tassen trinken. In der folgenden Nacht tun wir dementsprechend kein Auge zu. Am zweiten Tag sind wir dann schlauer…


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