Ol Doinyo Lengai 17.02.2022

Ol Doinyo Lengai 17.02.2022

Der Ol Doinyo (Berg) Lengai (der Götter) im Norden Tansanias ist bei Vulkanliebhabern wohl bekannt, seit Jahrzehnten haben wir von ihm gelesen, Bilder und Reportagen angesehen, und geträumt… Ein perfekter Vulkankegel mitten in der weiten Steppe, dessen Flankenwinkel zum Gipfel hin 45 Grad steil wird. Er hat die basischste und dünnflüssigste Lava aller aktiven Vulkane, sie spratzt und fließt wie Wasser, und ist „nur“ 490…590 Grad heiß… Nachts kann man sie rot glühen sehen, doch tagsüber sieht sie einfach nur grau aus.

Nördlich des Ol Doinyo Lengai befindet sich ein See, der durch mehrere Zuflüsse aus den umliegenden Bergen sowie Regenwasser gespeist wird, aber keine Abflüsse hat. So wird kontinuierlich Soda von den ihn umgebenden Gesteinen und Vulkanaschen eingetragen, was ihm je nach Wasserstand einen pH-Wert von 9…10,5 beschert, wodurch er den Namen „Natronsee“ bekommen hat. Milliarden von Salinenkrebsen fühlen sich in ihm wohl, was wiederum Hunderte bis Tausende von Flamingos anzieht.

Zwei Besonderheiten, die uns magisch anziehen, wobei wir uns einig sind, dass wir den Vulkan nur von unten betrachten wollen. Erstens hat er bei seinem Ausbruch in den Jahren 2007 bis 2008 seine Kraterregion so verändert, dass man nicht mehr auf dem Kraterplateau zwischen den lavablubbernden Hornitos herumwandern kann, sondern am Kraterrand in ein unspektakuläres, 100 Meter tiefer liegendes Loch hinunterblickt. Zweitens gilt der Aufstieg als eine der beschwerlichsten Eintagestouren in Afrika, da 1.700 Höhenmeter auf immer steiler werdenden Flanken nachts zu überwinden sind, damit man bei Tagesanbruch oben ist, kurz die Lava aus der Ferne bewundern kann, und dann zügig wieder absteigen muss, bevor die unerbittliche Äquatorsonne zuschlägt.

Wir besuchen also den Natronsee, finden in seiner Umgebung auch die 120.000 Jahre alten Fußspuren, die sich seinerzeit in die Vulkanasche eingegraben hatten und mittlerweile verfestigt sind, und wandern am Nachmittag noch zu einem Wasserfall. Alles in Begleitung von Gideon, einem Massai- Führer, Denn in Tansania muss man nicht nur exorbitante Beträge für das Betreten von Nationalparks und Naturschutzgebieten entrichten, sondern man darf auch keinen Schritt ohne kostenpflichtigen Führer tun – man zahlt gewissermaßen für ein Gefängnis-Dasein. Dennoch war die Tour schön und spannend. Gideon meinte, wir müssten den Fluss ein paarmal knöchelhoch queren, um an den Wasserfall zu gelangen, doch es hatte die Nacht zuvor geregnet, und das Wasser erreichte mehrfach unsere Oberschenkel….

Am Tag darauf wollen wir abfahren. Zwar ist der Campingplatz sowie der Blick auf den Götterberg wunderschön, aber 110 US Dollar pro Nacht (davon 90 USD Parkgebühren) sind indiskutabel für einen reinen Ausruh-Tag.

Dann kommt beim Frühstück Tobias aus Hannover mit seinem jugendlichen Elan auf uns zu. Er will in der kommenden Nacht aufsteigen und morgen früh dann mit seinem Gleitschirm hinabfliegen. Wir sind beeindruckt, und es dauert nicht allzu lange, bis er uns infiziert hat. Nicht nur uns, sondern auch zwei nette Schweizer, sowie zwei Niederländer, die vor Kurzem den Kilimandscharo bestiegen hatten. Wir bleiben also noch einen Tag, packen die Wanderrucksäcke mit 4 Litern Wasser pro Person und vielen Kleidungsstücken zum Drüberziehen beziehungsweise Wechseln, denn oben erwarten uns Temperaturen um den Gefrierpunkt sowie starker Wind. Um 23:00 Uhr werden wir abgeholt und zum Ausgangspunkt des Aufstiegs gefahren. Um Mitternacht geht es mit Beleuchtung durch den Vollmond bei 30 Grad Celsius los.

Der Aufstieg ist vom ersten Schritt an anstrengend, die Steigung nimmt zu, gegen 0:30 Uhr beginnt es zu regnen. Recht bald lassen wir die jungen Leute mit ihren zwei Führern vorgehen und steigen mit GIDEON in etwas langsameren Tempo weiter auf. Anfängliches Wetterleuchten steigert sich zu einem beeindruckenden Gewitter am Berg der Götter. Blitze erhellen den steilen Weg zum Gipfel, gefolgt von Donnerschlägen in immer kürzeren Abständen.

Um 3:00 Uhr haben wir eine Höhe von 2.140 Metern erreicht und sind erschöpft. Ohne heftigen Regen hätten wir rasten und uns für die fehlenden 750 Höhenmeter erholen können. Doch wir sind völlig durchweicht, in den Wanderschuhen steht das Wasser und wir frieren beim Stehenbleiben. Also steigen wir nach nur kurzer Pause wieder ab. Auch die jugendliche Gruppe dreht auf 2.300 Metern um. Schade, wir hätten ihnen den Gipfelblick und Tobias das Hinabgleiten so sehr gegönnt, aber mit einem Gewitter der Götter ist nicht zu spaßen.

Völlig durchnässt und verfroren kommen wir noch im Dunkeln wieder heil zum Campingplatz, der nur kalte Duschen hat, sind aber dennoch alle begeistert von der der Tour. Insbesondere wir beide sind Tobias so dankbar, dass er uns motiviert hat, den Aufstieg zu wagen. Doch als uns die Niederländer ihre Fotos vom Kilimandscharo zeigen, lauschen wir zwar aufmerksam ihren Schilderungen, wissen aber, dass wir ihn ohnehin nur umrunden wollen. Wir sind weise genug, den Fingerzeig der Götter ernst zu nehmen…


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